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Vorfahrt für guten Wohnraum statt „Bau-Turbo“ um jeden Preis

Bezahlbar • Qualitätsvoll • Klimaverträglich
A4F Veröffentlichung

Deutschland befindet sich in einer tiefgreifenden Wohnungskrise – mit wachsenden sozialen

Spannungen, ökologischen Zielkonflikten und baulichen Herausforderungen. Mit dem

geplanten „Bau-Turbo“ droht allerdings ein Rückfall in quantitatives Bauen, ohne die

Ursachen der Krise anzugehen. Bezahlbarkeit und Quantität dürfen nicht gegen Qualität und

Verantwortung für die Zukunft ausgespielt werden. Gute Gestaltung und Nachhaltigkeit

stehen nicht im Widerspruch zum kostengünstigen Bauen, sondern erfordert eine

abgestimmte und qualitätsvolle Planung. Sonst drohen langfristig hohe Folgekosten.

Was wir brauchen, ist ein Planungsrahmen, der ermöglicht statt hemmt – für

kostenbewusstes, flächeneffizientes, klima- und sozialgerechtes sowie gestalterisch

hochwertiges (Um-)Bauen. Der Fokus muss dabei klar auf dem Umbauen, Weiternutzen und

Anpassen des Gebäudebestandes liegen, da dies in der Regel effektivere und

ressourcenschonendere Lösungen bietet. Maßnahmen wie Wohnungsteilungen,

Umzugsprämien oder die Aktivierung von Leerstand können – auch wenn sie baugesetzlich

nur begrenzt gesteuert werden – einen wesentlichen Beitrag zur akuten Entlastung leisten

und sollten in kommunale und landesweite Strategien integriert werden.

Wir lehnen die Einführung des § 246e in seiner jetzigen Form ab und sehen die Aushebelung

bewährter Planungsinstrumente insbesondere in der Außenentwicklung nach wie vor kritisch.

Gleichzeitig erkennen wir Chancen zur Stärkung der Innenentwicklung, sofern klare soziale,

ökologische und planerische Standards gesetzt werden – und wenn der Vorrang der

Bestandsnutzung vor Neubau konsequent berücksichtigt wird.

I. Der „Bau-Turbo“ geht am Problem vorbei

Mit dem geplanten § 246e BauGB soll Wohnungsbau durch verkürzte Fristen, den Wegfall

von Bebauungsplänen und die Verlagerung von Verantwortung auf Genehmigungsbehörden

und Planende beschleunigt werden. Es ist zweifelhaft, ob dadurch wirklich schneller mehr

bezahlbarer Wohnraum entsteht. Der Entwurf umgeht planungsrechtliche Standards,

überfordert Kommunen und schafft rechtliche Risiken, ohne zentrale Ursachen der Krise wie

Bodenpreise, Baukosten, Spekulation und soziale Ungleichheit anzugehen.

Es fehlen verbindliche Vorgaben für bezahlbaren Wohnraum, was vor allem

renditeorientierte Projekte begünstigt. Fristen von nur zwei Monaten setzen Verwaltungen

unter Druck und verkürzen Beteiligungsrechte. Strategische Stadtplanung wird durch

Einzelentscheidungen ersetzt, was langfristig zu teuren Lösungen und unkoordinierten

Prozessen führt.

Der Verlust wertvoller, landwirtschaftlicher Nutzfläche gefährdet langfristig die Fähigkeit zur

regionalen Selbstversorgung und schwächt die heimische Agrarwirtschaft. Gleichzeitig würde

die Regelung ökologische Schäden wie verstärkte Flächenversiegelung, Zersiedelung und

die Verringerung natürlicher Wasserrückhalteflächen begünstigen – mit erheblichen Folgen

für Natur und Umwelt, vom Biodiversitätsverlust bis hin zu einer erhöhten Anfälligkeit für

Überschwemmungen und deren kostspielige Folgeschäden. Die Ausgaben für Erschließung,

Infrastrukturunterhalt und Hochwasserschutz steigen damit deutlich an und belasten nicht

nur die ohnehin finanziell stark geforderten Kommunen, sondern in der Folge auch Länder

und Bund. Da zudem eine verbindliche Mitplanung von Bildungs-, Verkehrs- und

Versorgungseinrichtungen fehlt, verschärfen sich soziale Defizite und die Kosten sowie der

organisatorische Aufwand werden einseitig auf die kommunale Ebene verlagert.

II. Wir fordern: Gesetz zurückziehen – oder grundlegend

nachbessern

In der vorliegenden Form sprechen wir uns gegen die Einführung des § 246e ins

Baugesetzbuch aus und fordern umfassende Nachbesserungen. Gleichzeitig erkennen wir

im Entwurf Chancen zur Stärkung der Innenentwicklung und formulieren hiermit unsere

Forderungen zur Verbesserung des Gesetzentwurfs, um soziale, ökologische und

planerische Standards zu sichern:

Begrenzung auf angespannte Wohnungsmärkte, definiert nach § 201a BauGB

Begrenzung auf den Innenbereich, um Zersiedelung zu vermeiden

Verbindliches Baugebot mit Frist von eineinhalb bis drei Jahren je nach

Bauvorhaben, danach oder bei Veräußerung des Grundstücks: Erlöschen der

Baugenehmigung

Beschränkung auf Neubauten mit mindestens sechs Wohneinheiten, um die

begrenzten Flächen effizient zu nutzen und den Geschosswohnungsbau gezielt zu

fördern

Verbindliche Quote von mindestens 50,1 % dauerhaft bezahlbarem

Mietwohnungsbau, um soziale Wirksamkeit sicherzustellen

Verbindliche Beteiligung von Fachbehörden und Öffentlichkeit bei Vorhaben ab

20 bzw. 50 Wohneinheiten

Keine Entscheidungsfiktion (2-Monate-Prüffrist) Planung braucht Qualität

Zulässigkeit von Nicht-Wohnnutzungen in Erdgeschossen – zur Belebung des

öffentlichen Raums und Ermöglichung gemischter Stadtstrukturen

III. Wohnraumpolitik braucht Struktur – nicht Schnellschüsse

Statt übereilter Einzelfallregelungen wie dem § 246e braucht es eine strategische,

gemeinwohlorientierte Wohn- und Stadtentwicklungspolitik. Aus diesem Grund ist eine

weitere BauGB-Novelle in dieser Legislatur unabdingbar – mit einem Fokus auf langfristige,

rechtssichere und sozial gerechte Lösungen.

Für diese zweite Novelle des BauGB sind folgende Punkte zentral:

Drei Dimensionen der Neuen Leipzig-Charta – die gerechte, die grüne und die

produktive Stadt – verbindlich in das BauGB integrieren – Damit werden

Grundsätze für gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung, die Stärkung der

kommunalen Handlungsfähigkeit sowie die Sicherung von Infrastrukturen und

öffentlichen Dienstleistungen rechtlich verankert.

Innenentwicklung gezielt fördern – durch rechtssichere Baugebote, die Einführung

und Stärkung städtebaulicher Innenentwicklungsmaßnahmen, die neben der

baulichen Innenentwicklung auch die Entwicklung von Grün- und Freiflächen sowie

der Mobilität umfassen (dreifache Innenentwicklung).

Ein „Umbaugesetzbuch“ schaffen – das klimafreundliches und sozialverträgliches

Bauen im Bestand fördert, den Wert des Gebäudebestands anerkennt und somit die

Weichen für die Einhaltung der vereinbarten Klimaziele stellt.

Vorkaufsrechte konsequent stärken – damit Kommunen Handlungsspielräume

zurückgewinnen und Bodenspekulation eingedämmt werden kann.

Klimafolgenanpassung verbindlich integrieren – durch praxistaugliche

Instrumente für Entsiegelung, Hitzeschutz und wassersensible Stadtplanung.

Bezahlbaren Wohnraum sicherstellen – als verbindliche Anforderung, wenn die

Gemeinde von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten von

Wohnungsbau befreit.

Sozialwohnungsbau absichern – durch verbindliche Quoten und dauerhafte

Bindungen auch bei Angebotsplanungen.

Bebauungsplanverfahren reformieren – für schnellere, aber transparente und

rechtssichere Verfahren.

Bauleitplanverfahren beschleunigen – durch Übertragung der in § 4b Absatz 1

BauGB genannten Verfahrensschritte an fachlich geeignete Dritte, wie

Stadtplaner:innen und Landschaftsarchitekt:innen mit entsprechender Qualifikation.

IV. Fazit: Wohnungsbau braucht rechtssichere, soziale und

ökologische Leitlinien statt Schnellschüsse

In zahlreichen Stellungnahmen, offenen Briefen, Anhörungen und öffentlichen Debatten

haben Fachleute, Fachverbände und zivilgesellschaftliche Organisationen eindringlich vor

dem § 246e BauGB in seiner jetzigen Form gewarnt. Die Kritik ist eindeutig: Der „Bau-Turbo“

wird weder ausreichend schnell noch ausreichend bezahlbaren Wohnraum schaffen.

Stattdessen drohen neue Zielkonflikte und Risiken – rechtlich, planerisch, sozial und

ökologisch.

Deshalb fordern wir: Die im § 246e BauGB angelegten Schwächungen planungsrechtlicher,

ökologischer und sozialer Standards dürfen nicht zum neuen Normal werden. Bestehende

Schwächen und Gefahren im Gesetz müssen mindestens korrigiert werden. Die dringend

notwendige zweite BauGB-Novelle muss zügig in Angriff genommen werden – und sie muss

die Qualität sichern, die der § 246e vermissen lässt. Gefragt sind rechtssichere, strategisch

steuernde Instrumente, die sozial gerecht, ökologisch tragfähig und in der Planungspraxis

umsetzbar und planerisch durchdacht sind. Nur so lässt sich bezahlbarer Wohnungsbau

beschleunigen, ohne demokratische Verfahren und langfristige, nachhaltige

Stadtentwicklung zu gefährden.

Kein Wohnungsbau um jeden Preis – sondern klare Regeln für eine nachhaltige, sozial

gerechte und klimaverträgliche Stadtentwicklung.

Mitzeichnende Verbände/Organisationen/Initiativen:

AfA - Aktiv für Architekten

Architects for Future Deutschland e.V.

Bund Deutscher Architektinnen und Architekten BDA

Bund Deutscher Landschaftsarchitekt:innen

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)

Bundesarchitektenkammer

Bundesbündnis Bodenschutz

Bündnis KlimastadtBerlin 2030

Der Paritätische Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e.V.

Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V.

Deutsche Umwelthilfe e.V.

Deutscher Naturschutz Ring e.V.

econ4future

Klimaschutz im Bundestag e.V.

NABU e.V.

natureplus e.V.

Stiftung Trias

Veröffentlichung Steckbrief
Veröffentlicht am
August 27, 2025
Autor:innen
A4F Politik
Links
Kooperations-Partner:innen
Bundesarchitektenkammer
Deutsche Umwelthilfe
Paritätischer Wohlfahrtsverband
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